Seit sechs Jahren lebe ich in Berlin. Seit vier Jahren mit meinem Freund in der gemeinsamen Wohnung und seit einem Jahr versuchen wir eine größere Wohnung zu finden.
Die Suche ähnelt einer Berg- und Talfahrt, ist nervenaufreibend und frustrierend. Die Konkurrenz ist groß und die Chancen minimal. Ein kleiner Auszug von unserer letzten Wohnungsbesichtigung: 500 Anfragen gingen innerhalb eines Wochenendes für ein Wohnungsangebot ein und davon bekamen etwa 125 einen Besichtigungstermin. Welch eine Überraschung, dass wir diese Wohnung nicht bekommen haben.
Als wir vor vier Jahren unsere Wohnung bezogen, lagen wir preislich mit 10 Euro kalt/qm schon über dem Durchschnitt. Auch damals waren wir bei einer Massenbesichtigung und wurden nur berücksichtigt, weil wir als zweite Bewerber unsere Unterlagen per Mail zusendeten und Nr. 1 absagte. Nun werden im gleichen Haus die Wohnungen mit weit über 16 Euro kalt/qm vermietet. Und genau das erleben wir auch bei unserer Wohnungssuche. Massenbesichtigungen zu völlig überteuerten Preisen.
Und dabei sind 16 Euro keinesfalls ein Einzelfall, sondern gefühlt der normale Preis aktuell. Lassen wir uns das noch einmal kurz auf der Zunge zergehen: Möchte man in Berlin eine 3 oder 4 Zimmer-Wohnung beziehen, zahlt man dafür aktuell zwischen 1200 bis 1700 Euro kalt im Monat. Also zwischen 1400-2000 Euro warm. Bääähm.
Es ist kein Geheimnis, dass sich die Berliner Mietpreise in den letzten 10 Jahren fast in allen Bezirken verdoppelten (von 2016 auf 2017 stieg der Quadratmeterpreis in Berlin-Mitte wohl um 12,90 Prozent). Rosige Aussichten also für die weitere Suche. Yay.
Umgekehrt bedeutet das, dass man als Paar ein Haushaltsnettoeinkommen von mindestens 5.000 Euro, eher 6.000 Euro haben muss, denn wie wir ja wissen, sollte die monatliche Miete etwa ein Drittel vom Haushaltseinkommen ausmachen. In Mitte liegt man da aber gerade eher bei 40%. Falls ihr euch dafür interessiert, in der interaktiven Karte der Berliner Morgenpost bekommt ihr einen Eindruck über die Berliner Mietpreise. Wo sind Mieten noch bezahlbar gemessen an Größe und Einkommen.
Glaubt man den Statistiken, liegt die durchschnittliche Wohnfläche in Deutschland pro Person bei 45 qm bzw. 90 qm zu zweit. 80 qm bzw. 90 qm sind auch tatsächlich die Größe, die wir anstreben. Alles also in der Norm. Oder etwa doch nicht? Da ich von zu Hause arbeite und wir oft Besuch haben brauchen wir unbedingt ein extra Zimmer. Oder ist das vielleicht doch übertrieben? In Zeiten von Minimalismus und tiny House-Bewegungen stelle ich mir die Frage, wieviel ist viel und ab wann ist eine Wohnung wirklich zu klein? Vielleicht sollten wir einfach nur umdenken und uns von der klassischen Wohnaufteilung lösen. Hände hoch, wer von euch keine traditionelle Aufteilung à la Küche, Bad, Wohn- und Schlafzimmer hat.
Kleiner Selbstcheck gefällig? Schaut man sich die klassische Raumaufteilung an, ist das Wohnzimmer meist der größte Raum in der Wohnung – check,
nimmt oft etwa ein Drittel der Wohnfläche ein – check
und ist dabei zwischen 20 – 50 qm groß – check.
Puuh, der Traditionsscanner schlägt bei uns jedenfalls voll aus. Bereits im 18. Jahrhundert wurde die “gute Stube” oft nur für Gäste oder besondere Anlässe genutzt – check.
Gut der letzte Punkt trifft nur bedingt zu, aber ich erinnere mich noch sehr gut an das Wohnzimmer meiner Eltern. Wir durften dort nur mit sauberen Klamotten bzw. ohne Schuhe rein, weder essen oder drin trinken und das Sofa hat auch heute noch eine Decke zum Schutz drüber. Gut, soweit würde ich dann doch nicht gehen, aber dennoch wird unser Wohnzimmer recht wenig benutzt und dabei ist es der größte Raum der Wohnung. Nicht um es zu schonen, sondern weil es für uns vielleicht einfach gar nicht mehr zeitgemäß ist.
Als ich letztens mal wieder auf meinem Bett saß, statt im Wohnzimmer auf der Couch, fiel es mir quasi wie Schuppen von den Augen. Brauchen wir überhaupt noch ein Wohnzimmer? Macht unsere Aufteilung überhaupt noch Sinn? Wir schauen schon lange kein Fernsehen mehr und das Wohnzimmer ist meist nur ein Mix aus Unterbringung für Gäste, Arbeitszimmer, Platz für den Wäscheständer oder Abstellfläche, wenn ich mal wieder einen Stuhl zu viel gekauft habe.
Unser Wohnzimmer hatte also schon längst nicht mehr die eigentliche Repräsentationsfunktion, für das es ursprünglich mal gedacht war. Gäste werden bei uns in der Küche empfangen und meist sitzen wir dort bis spät. Was liegt da also auf der Hand? So lange wir keine größere Wohnung finden, ändere ich einfach die aktuelle Aufteilung und versuche ein besseres Konzept nach unseren Wohnbedürfnissen zu entwickeln, anstatt altbekannten Mustern zu folgen. Was das bedeutet, verrate ich euch dann im nächsten Beitrag. Was schlagt ihr vor? Ich bin ganz Ohr und freue mich auf eure Ideen!
Wie sieht es bei euch aus? Folgt ihr auch noch der klassischen Aufteilung, oder fallt ihr aus der Norm?